FAQ

Nachfolgend werden häufig gestellte Fragen beantwortet.

Was ist die Rechtsgrundlage für das Ethanol-Verfahren?

Grundlage für die Verwendung von Ethanol in Desinfektionsmitteln ist die Zulassung als Biozid. Die Biozid-Zulassung ist auf EU-Ebene in der Biozid-Verordnung (EU) Nr. 528/2012 geregelt. Für die Prüfung aller Altwirkstoffe gilt außerdem die Review-Verordnung (EU) Nr. 1062/2014. Die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erfolgt auf Grundlage der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008.

Was ist der aktuelle Verfahrensstand im Fall Ethanol?

Griechenland hat als berichterstattender Mitgliedsstaat die Bewertung der Gefahreneigenschaften von Ethanol übernommen. Diese Bewertung umfasst auch die kanzerogenen, mutagenen und reproduktionstoxischen (CMR) Eigenschaften von Ethanol. Obwohl es bei einem Wirkstoff mit CMR-Eigenschaften in der Regel zu einer harmonisierten Einstufung kommt, hat Griechenland mit dem ersten Bewertungsbericht keinen Vorschlag zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung eingereicht. Daraufhin haben die zuständigen deutschen Behörden während der Konsultationsphase eine CMR-Einstufung gefordert.

Griechenland wurde von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) aufgefordert, einen entsprechenden Vorschlag einzureichen. Daher befasst sich Griechenland aktuell mit dem Einstufungsvorschlag gemäß CLP-Verordnung und wird einen entsprechenden Vorschlag zur Einstufung nach CLP-Verordnung einreichen. Ende Juli hat Griechenland seine Intention zur Einstufung bekannt gegeben. Darin schlägt Griechenland eine harmonisierte Einstufung als reproduktionstoxisch Kategorie 2 vor. Ein offizieller Vorschlag sollte im Dezember 2020 veröffentlicht werden. Aktuell wird auf der Website der ECHA zum Verfahrensstand angegeben, dass sich die Einreichung aufgrund der Durchführung weiterer Studien verzögern wird („Delayed until further notice due to ongoing studied. Expected date of submission to be confirmed“) (Stand: September 2021).

Sobald ein offizieller Vorschlag zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung eingereicht ist, beginnt ein öffentliches Konsultationsverfahren. Innerhalb von 60 Tagen können hier alle Akteure ihre Stellungnahmen zum Verfahren einreichen.

Welche Auswirkungen hat die Einstufung von Ethanol als CMR-Kategorie 2?

Die CMR-Einstufung eines Stoffes nach Kategorie 2 bedeutet, dass dieser „vermutlich humankarzinogen“, „möglicherweise vererbbare Mutationen in menschlichen Keimzellen auslösen kann“ sowie „vermutlich die menschliche Fortpflanzung gefährden kann“. Gemäß § 11 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) stellt die Exposition gegenüber Stoffen, die CMR nach Kategorie 2 eingestuft sind eine unverantwortbare Gefährdung bei der Arbeit dar. Für die Einstufung von Ethanol bedeutet dies, dass medizinische und pflegerische Tätigkeiten in Gesundheitseinrichtungen von schwangeren Frauen nicht mehr ausgeführt werden dürfen. Dies ist von besonderer Relevanz, da im Gesundheitswesen überwiegend Frauen beschäftigt sind (siehe ITEM-Gutachten). Unabhängig von den Einschränkungen gemäß des MuSchG, muss im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung die Substitution von Ethanol für jede damit im Zusammenhang stehende Tätigkeit geprüft werden.

Obwohl seitens der griechischen Behörden ein CMR-Einstufungsvorschlag nach Kategorie 2 bekanntgegeben wurde, kann dieser im laufenden Verfahren verschärft werden. Eine Einstufung nach Kategorie 1A und 1B hätte noch weitreichendere Konsequenzen für die Verwendung von Ethanol.

Welche Auswirkungen hat die Einstufung von Ethanol als CMR Kategorie 1A oder 1B?

Zusätzlich zu den beschriebenen Einschränkungen, die sich bei einer Einstufung nach Kategorie 2 ergeben, zieht eine Einstufung nach Kategorie 1A und B weitere Konsequenzen nach sich. In der Gefahrstoffverordnung sind besondere Regelungen für CMR-Stoffe der Kategorie 1A und 1B enthalten. Diese reichen von Substitutionsprüfungen bis hin zu Vorgaben für Arbeitsplatzmessungen. Zudem sind in den Technischen Regeln für Gefahrenstoffe (TRGS) spezielle Vorgaben für CMR-Stoffe der Kategorie 1A und 1B benannt. Diese schränken die Anwendung erhebelich ein. Weiterhin sieht die REACH-Verordnung vor, dass CMR-Stoffe der Kategorie 1A und 1B langfristig substituiert werden (siehe ITEM-Gutachten). Eine Einstufung von Ethanol als CMR-Stoff der Kategorie 1A/1B würde dessen Einsatz weitreichend verhindern und hätte damit erhebliche Folgen für den Infektionsschutz.

Welche Akteure spielen in dem Ethanol-Verfahren eine zentrale Rolle?

Für die Prüfung und Zulassung auf EU-Ebene ist die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA) zuständig. In der ECHA sind der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) und der Ausschuss für Biozidprodukte (BPC) für die Prüfung, Einstufung und Genehmigung von Bioziden verantwortlich. Auf deutscher Ebene wird das Ethanol-Verfahren vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) betreut. Die finale Entscheidung über die Einstufung und Genehmigung von Ethanol trifft die EU-Kommission unter Einbeziehung der Mitgliedsstaaten.

Welche Relevanz hat Ethanol im Infektionsschutz?

Alkohol-basierte Desinfektionsmittel nehmen im Rahmen von Desinfektionsmaßnahmen eine besonders wichtige Rolle ein. Sie wirken schnell und umfassend gegen die meisten Krankheitserreger und zeigen eine gute Verträglichkeit bei Menschen. Insbesondere Ethanol zeigt im Vergleich zu anderen Alkoholen eine überlegene Wirksamkeit gegenüber Viren. Ethanol ist aufgrund der breiten Wirksamkeit, der sicheren Verwendung und der hohen Verfügbarkeit zurecht der am häufigsten verwendete Wirkstoff in Desinfektionsmitteln und stellt somit einen unver-zichtbaren Bestandteil der Infektionsprävention dar. Zudem listet die WHO Ethanol als unverzichtbaren Wirkstoff, womit dieser zur Grundversorgung gehört.

Gibt es Alternativen zu Ethanol?

Neben Ethanol kommen auch andere Alkohole in Desinfektionsmitteln zum Einsatz. Beispielsweise werden Isopropanole und n-Propanole zur Bekämpfung von behüllten Viren verwendet. Bei der Bekämpfung unbehüllter Viren ist Ethanol jedoch wirksamer als Isopropanol und n-Propanol.

Welche Evidenz gibt es bezüglich der CMR-Eigenschaften von Ethanol?

Dass Ethanol schädlich für Menschen ist, wenn er als Genussmittel in großen Mengen konsumiert wird, ist unbestritten. Es gibt zahlreiche Studien, welche die negativen Folgen des Alkoholkonsums belegen. Es gibt jedoch keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse dafür, dass Ethanol bei Anwendung auf der Haut oder auf Oberflächen (dermal und inhalativ) zu relevanten gesundheitlichen Schäden führt. Toxikologische Risikobewertungen belegen stattdessen, dass die dermale und inhalative Exposition gegenüber Ethanol-haltigen Chemikalien im professionellen, industriellen und Verbrauchersektor, als sicher angesehen werden kann.

Dies ist durch zahlreiche Studien und durch die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK) bestätigt. Die MAK Kommission stuft Ethanol in der krebserzeugenden und genverändernden Wirkung als Kategorie fünf ein. Dies bedeutet, dass kein nennenswerter Beitrag zum Risiko des zu erwarten ist.